Mittwoch, 16. Oktober 2019

Nicht nur für Narendra Modi und Xi Jinping ein interessanter Ort...




Mamallapuram, dort wo sich vor wenigen Tagen die Staatschefs von Indien und China getroffen haben um schwierige politische Fragen zu besprechen, war der krönende Abschluss unseres Pastoralkollegs. An manchen Stellen waren die Aufräumarbeiten des Staatsbesuchs noch zu erkennen. 

Mamallapuram, direkt am Golf von Bengalen gelegen, enthält auf engem Raum herausragende Tempelanlagen, die bis in die Zeit des 8. Jahrhunderts n.Chr. zurückreichen. Heute gehören sie zum UNESCO Weltkulturerbe. Damals war hier unter der Herrschaft der Pallaven ein wichtiger Hafen, der die Stadt mit der Welt verbunden hat.
Doch nicht nur der Handel, sondern vor allem die Kunst der Steinmetze hat die Stadt berühmt gemacht. Neben Felsenreliefs sind es die kunstvoll verzierten Tempel die zum Staunen einladen. Die wenigsten sind wohl jemals geweiht worden, zeugen aber durch die Motive der Bildhauereien von der religiösen Welt des Hinduismus.





Ein beeindruckendes Ensemble sind die „Fünf Rathas“, fünf freistehende Tempel, die alle aus einem Granitfelsen gehauen sind, dazu Elefanten und andere lebensgroße Tiere. Allein der Abraum des Geländes umfasste 120.000 Tonnen Gestein.


Nichts deutet darauf hin, dass vor 15 Jahren eine riesige Tsunamiwelle diesen Küstenstreifen verwüstet hat. Tausende von Menschen waren damals ums Leben gekommen. Wie die Menschen als Hindus wohl mit dieser Katastrophe umgehen? Gibt es auch im Hinduismus ein Theodizee-Problem? Oder gibt es kein so grundsätzliches Problem, weil man Unglück dem persönlichen Karma oder einer zerstörerischen Gottheit zuschreiben kann? 

Auch der Tempel, den wir uns als nächstes anschauen, war von der Tsunamiwelle betroffen. Von unserem Guide erfahren wir, dass die gewaltigen Kräfte damals auch weitere Tempel und Tempelteile freigelegt haben, von denen man bis dahin noch nichts gewusst hatte. 

Die Geschichte von einer ganz anderen Flut ist auf einem der nächsten Steinreliefs zu sehen, das Künstler im 7. Jahrhundert gestaltet haben. Weil die Menschen Krishna angebetet haben, fühlte sich der Regengott vernachlässigt und schickte eine Flut. Khrishna jedoch stemmte sich gegen das Wasser und rettete die Menschen. Besonders eindrücklich ist die Darstellung von Khrishnas Bruder, der einem Bauern tröstend die Hand auf die Schultern legt. 

Wir gehen von einem Höhepunkt zum anderen. Begleitet werden wir dabei von hartnäckigen Verkäufern, die ihre selbst gemachten Kunstwerke an den Mann und die Frau bringen wollen. Manche beeindrucken mit ihren Deutschkenntnissen, andere bieten sich als Guides an. Einmal sind sie so aufdringlich, dass der wartende Bus wie eine rettende Burg erscheint.

Den Abschluss bildet ein anderes Relief, auf dem die göttliche Dreiheit von Brahman, Vishnu und Shiva zu sehen ist, dem Schöpfer, Erhalter und Zerstörer. Davor ein Becken, das für rituelle Waschungen vor dem Gang zum Tempel vorgesehen war. Ich muss an die vielen Kirchen denken, in denen das Taufbecken direkt am Eingang steht. Vor dem Zugang zur Gemeinde und dem Gottesdienst steht die Reinigung, das Bad der Wiedergeburt. Faszinierend, welche Parallelen es bei allen Unterschieden gibt. Es gibt vieles, was uns auch noch nach der Rückkehr begleiten wird.

Dr. Jens Martin Sauter und Roland Jaeckle

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